Im Wasser wohlgefühlt hat sich Jason Keil schon immer. Eigentlich gab es für Berlins Nachwuchssportler des Monats Mai nie eine Alternative zum Schwimmsport. „Meine Mutter hat mich und meine Geschwister schon zum Babyschwimmen mitgenommen und seitdem bin ich immer drangeblieben. Das Wasser ist meine Leidenschaft, da fühle ich mich einfach wie schwerelos, wenn man so weit über dem Boden ist“, sagt der 17-jährige Para-Schwimmer der SG Neukölln und des Berliner Schwimmteams, der erfolgreichsten integrativen Trainingsgruppe für paralympisches Schwimmen in Deutschland.
Para-Schwimmer Jason Keil wuchs in einer großen Pflegefamilie auf
Keil geht in der Startklasse S14 an den Start, also jener Gruppe für Schwimmer mit intellektueller Beeinträchtigung. Aufgrund der Alkoholabhängigkeit seiner leiblichen Mutter kam Keil mit dem Fetalen Alkoholsyndrom zur Welt (FAS), das sich insbesondere durch kognitive Probleme beim Lernen und Konzentrationsschwierigkeiten bemerkbar macht.
Der Schüler des SLZB (Schul- und Leistungssportzentrum Berlin) wuchs in einer kinderreichen Pflegefamilie am Rande der Hauptstadt auf, den sprachlichen Zusatz empfindet er aber längst als unpassend. „Meine Pflegemutter ist meine Mutter“, betont Keil. „Es ist einfach schön, Teil so einer großen Familie zu sein.“
Schon beim Babyschwimmen wurde Keils Talent gefördert
Zehn Geschwister hat er insgesamt, aktuell wohnen noch zwei Schwestern mit ihm im Elternhaus. Sie alle unterstützen Keils außergewöhnliche sportliche Leistungen im Wasser, ohnehin kommt er aus einer „richtigen Schwimmerfamilie“, wie er erzählt. Vom Babyschwimmen bis heute: Keils Talent war schon schnell nicht mehr zu leugnen. Alsbald wurde das Berliner Schwimmteam auf ihn aufmerksam.
Etliche Medaillen bei IDM und DKM hat Keil seitdem gewonnen, ist auch schon drei deutsche Rekorde auf der Kurz- und Langbahn im Schmetterling geschwommen – seiner zweitliebsten Disziplin. Am liebsten krault er aber, bis zu neun Trainingseinheiten stehen wöchentlich insgesamt auf dem Programm. Früh aufstehen, trainieren, verbessern: alles für den großen Traum, irgendwann einmal bei einer Europa-, Weltmeisterschaft oder sogar den Paralympics teilzunehmen. Keil beschreibt sich als ehrgeizig. „Ich will im Wettkampf immer mein Bestes abrufen, das ist mir manchmal sogar wichtiger als eine Medaille.“
Zweiter Platz bei den World Series in Italien als Karriere-Highlight
Im März dieses Jahres folgte dann das bisherige Highlight seiner noch jungen Karriere. Bei den World Series in Lignano Sabbiadoro (Italien) holte Keil den zweiten Platz über 200 Meter Freistil. „Das war nochmal etwas ganz anders, ein ganz neues Level, mit so vielen Teilnehmern aus allen Ländern. Es hat riesigen Spaß gemacht, auch wenn ich mich in großen Gruppen sonst nicht wohlfühle. So etwas will man immer wieder erleben“, erinnert sich Keil an den überwältigenden Wettkampf an der Adriaküste.
„Es ist mir wichtig, beim Rennen an meine Leistungsgrenze zu kommen – und das habe ich dort geschafft. Es war ein absoluter Überraschungserfolg, damit habe ich am Anfang gar nicht gerechnet.“ Wenn er so weitermacht, wird Jason Keil in Zukunft sicherlich noch für viele Überraschungen sorgen.
Von Julian Städing